In der Ratssitzung am 14. Dezember, in der der Haushalt der Gemeinde Holdorf für das Jahr 2022 beschlossen wurde, hielt Andreas Lucht als Fraktionsvorsitzender der IGeHo folgende Rede:
Herr Vorsitzender, Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ein bekannter SPD-Politiker hat mal gesagt: „Opposition ist Mist.“ So weit möchte ich nicht gehen – aber was er damit gemeint hat, wird an dem Haushalt, den wir heute – das sei vorausgeschickt – gemeinsam verabschieden werden, deutlich. Denn: Als jüngste und kleinste Fraktion im Holdorfer Rat haben wir in diesem Haushalt auch die kleinsten Spuren hinterlassen – wenn überhaupt. Unsere Vorschläge und Ergänzungen sind ganz überwiegend mit der Mehrheit von CDU/FDP, SPD und Bürgermeister abgelehnt oder erheblich zusammengestrichen worden.
Wir bedauern das sehr, zum einen, weil unsere Vorschläge hoch sinnvoll und zukunftsweisend sind, zum anderen vor dem Hintergrund der konstruktiven Zusammenarbeit, die hier im Rat immer wieder – und das auch mit Recht – beschworen wird.
Im Interesse dieser konstruktiven Zusammenarbeit werden wir dennoch den Haushalt mittragen. Wir sind als neue Kraft im Rat angetreten mit der Zusage, keine pauschale Blockadepolitik zu machen, keine Nein-Sager aus Prinzip zu sein. Dieser Zusage fühlen wir uns bei einer grundsätzlichen Entscheidung, wie der für den Haushalt, der die Basis unserer Arbeit als Rat bildet, besonders verpflichtet.
Einige Anmerkungen zu diesem Haushalt sind dennoch notwendig.
Der Haushalt kalkuliert mit einem Fehlbetrag von 1,6 Millionen Euro für 2022. In den Jahren danach wird dieser Betrag weit über 10 Millionen liegen.
Gleichzeitig kommen erhebliche Ausgaben auf die Gemeinde zu. So wird insbesondere die Sanierung der Industriestraße richtig ins Kontor schlagen, umso mehr, als es – das war ja das wenig überraschende Ergebnis der vom letzten Rat initiierten Bürgerbefragung – keine Anliegerbeiträge der dort ansässigen Unternehmen und Landwirte mehr gibt. Die Sanierung muss daher – mit Ausnahme der Förderungen – vollständig von der Gemeinde gezahlt werden.
Der Blick auf diese Zahlen lässt nur einen Schluss zu: Die fetten Jahre in Holdorf sind vorbei. Wir werden sparen müssen. Dieser Sparzwang ist kein Geheimnis, sondern hat den Rat ja unter anderem auch schon bewogen, beim Ausbau der Georg-Kerschensteiner-Schule nur eine „kleine Lösung“ zu bewilligen. Wir hielten die große Lösung mit Aufstockung statt Anbau für nachhaltiger.
Während bei der Schule also in dieser Weise gespart wird, tun wir uns bei einem anderen Projekt keinen Zwang an: Für die Translozierung – also die Versetzung – der Hofstelle Münzebrock auf die Pferdewiese am Osterort, wo in der Folge ein Heimat-, Vereins- und Kulturzentrum entstehen soll, werden insgesamt 800.000 Euro fällig, Kosten für Gartenlagen, Parkplätze sowie für den Erwerb von Grund und Boden müssen dort im Grunde noch hinzugerechnet werden.
Angesichts dieser Summe ist es unseres Erachtens zweitrangig, dass das Vorhaben gefördert wird. Denn auch die Fördergelder sind Steuergelder, die Bürgerinnen und Bürger aufgebracht haben.
Für uns als neue Fraktion ist dieses Projekt Teil der Erbmasse des vorigen Rats, der die grundlegenden Beschlüsse bereits gefasst hat. Ob die Ratsmitglieder dabei das Ohr an den Holdorfer Bürgerinnen und Bürgern hatten, können wir nicht beurteilen. Fakt ist aber: In unseren Gesprächen zu diesem Thema hören wir von wenig bis keiner Akzeptanz dafür, dass man einen solchen Aufwand für diesen Zweck betreibt. Würden wir zu diesem Vorhaben eine Einwohnerbefragung durchführen, wäre ich zu einer Wette bereit: Die Mehrheit der Menschen würde das ablehnen.
Die grundlegende Entscheidung mag gefallen sein. Dennoch muss aus unserer Sicht vor der Realisierung dringend zumindest ein Konzept her, und zwar eines, das die Gegebenheiten über den möglichen künftigen Bürgerpark hinaus berücksichtigt.
Wer soll dieses Gebäude künftig nutzen? Für welche Zwecke? Zu welchen Bedingungen? Wer pflegt und betreut die Anlage? Zu welchem Preis? Mit welchen Verkehren ist zu rechnen? Welche Räumlichkeiten mit vergleichbarem Zweck haben wir im Gemeindegebiet schon? Wie sind diese ausgelastet (ich verweise hier auf das Dorfgemeinschaftshaus in der Sporthalle)? Welche Bedarfe gibt es überhaupt? Wie ist das Haus einzurichten? Wie ist es barrierefrei und nachhaltig zu gestalten? Wie viel günstiger ist die Translozierung im Vergleich zu einem Neubau?
Solche und ähnliche Fragen sind bislang, so weit wir wissen, offen, ja, sie sind überwiegend noch nicht einmal gestellt worden. Sie müssen aber bei einem Projekt in dieser Größenordnung diskutiert und von der Verwaltung sorgfältig beantwortet werden – und das dringend. Ohne ein Nutzungskonzept kann man ein solches Projekt nicht verantwortungsvoll umsetzen.
In diesem Zusammenhang möchten wir anregen, zu prüfen, ob sich das Gebäude im Bürgerpark nicht künftig als Tagungsort für den Rat eignet. Wir alle wissen, dass der Ausbau des Rathauses mit mehr als 2 Millionen Euro im nächsten Jahr zur Diskussion steht.
Vielleicht kann es eine Option sein, den jetzigen Ratssaal in Büroräume umzuwandeln und die Besprechungsräumlichkeiten zumindest für größere Sitzungen und Tagungen in dem Gebäude im Bürgerpark einzurichten.
Noch zwei weitere Aspekte aus dem Haushalt möchte ich ansprechen. Wir haben die Erhöhung des Postens für Nachhaltigkeit um 50.000 Euro auf 150.000 Euro gefordert – vergeblich. Dabei haben sich alle Parteien, auch die CDU und SPD, die hier wie eine Große Koalition agierten, Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben.
Und: Die Gemeinde wird eine oder einen Nachhaltigkeitsmanager/in einstellen. Wenn diese Person aber erfolgreich und sinnhaft arbeiten soll, müssen ihre Aktivitäten co-finanziert werden. Wir haben erhebliche Zweifel, ob 100.000 Euro nach Abzug der schon beschlossenen Förderungen von Zisternen und Gründächern dafür genügen.
Mit Blick auf die Straßensanierung haben wir, ebenso wie die SPD – es muss ja nicht immer GroKo sein – eine Erhöhung der Position auf 400.000 Euro gefordert. Das ist nun erfreulicherweise auch im Haushalt enthalten.
Aus unserer Sicht ist das ein für die Zukunft mutmachendes Zeichen. Denn eine Vernachlässigung der Infrastruktur führt zu einer wachsenden inneren Verschuldung einer Kommune, und diese schränkt Handlungsspielräume mittel- und langfristig empfindlich ein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, als IGeHo haben wir gern und mit viel Engagement an diesem Haushalt mitgedacht und mitgearbeitet. Wir konnten und können angesichts der Mehrheitsverhältnisse nicht all unsere Vorstellungen einbringen. Umso mehr freuen wir uns, dass dieser Haushalt zumindest an einigen Stellen davon zeugt, dass eine für Holdorf neue politische Kraft wie die IGeHo daran mitgearbeitet hat.
Wir hoffen, dass dieser Haushalt die Weichen vor allem für eine gute Holdorfer Zukunft, aber auch für eine gute Zusammenarbeit hier im Rat stellen möge. Deshalb bekommt er, bei allen dargelegten Bedenken, unsere Ja-Stimmen. Ich danke Ihnen.